Jane Eyre von Charlotte Bronte

17/09/2016 17:56

Die Weltberühmte Romanze des 19. Jahrhunderts von Charlotte Bronte: Jane Eyre (Original: Jane Eyre, Französisch: Jane Eyre). Ich habe es sowohl auf Englisch (450) als auch auf Deutsch mit 654 Seiten gelesen. Alle ab 18, wegen des Genres.

Jane Eyre ist eine Waise, die bei ihrer Tante groß werden musste. Aber weder ihre Tante, noch ihre Cousins können sie in irgendeiner Weise lieben. In einem Alter von zehn Jahren wird sie auf eine Wohltätigkeitsschule mit unmenschlichen Bedingungen geschickt. Aber das Überleben zahlt sich aus. Acht Jahre später verlässt Jane Lowood mit einem formidablen Abschluss, um einen Job als Gouvernante für ein reiches Mädchen in Thornfield Hall. Mr. Rochester, der Herr des Hauses, wird schnell ihr engster Freund… und ihre erste und einzige Liebe. Aber Mr. Rochester hat ein dunkles Geheimnis in Thornfield Hall versteckt…

 

Ich mochte dieses Buch wirklich sehr gerne. Ich liebe es, wie die Charaktere beschrieben werden, wie die Geschichte erzählt wird – und der Plot selbst. Das Buch kommt aus einer Zeit, in der Frauen ein „Angel in the House“ sein sollten – heißt also, unabhängiges Denken wird überbewertet, sie sollen einfach nur gut aussehen, den moralischen Standard und den Komfort für das Zuhause ihres Mannes erhöhen. Sie sollen sanfte Engel sein, die alles besser machen und das Haus von bösen Einflüssen beschützen, einen sicheren Hafen schaffen, in die Männer entspannen können. Sie sollten vor dem Bösen in der Welt beschützt werden.

Diese grundsätzliche Weltsicht ist natürlich kompletter Müll, aber damals war sie weit verbreitet. C.B. arbeitet sie in ihre Geschichte, aber hauptsächlich um zu zeigen, wie wenig das eigentlich passt. Wie „engelsgleich“ die Frauen wirklich waren, besonders die in der Oberschicht (denn Ms. Temple und Helen Burns haben es ja ganz gut hingekriegt). Sie unterstreicht auch, wie anders Jane die Welt sieht und wie anders sie sich verhält. Und, in ihren Diskussionen mit Mr. Rochester, wie wenig sie als eine solche Frau gesehen werden will.

Mr. Rochester selbst ist lustig und komplett ehrlich. Ich liebe es, wie er sich um Jane kümmert und wie launisch er ist. Er ist weit von Perfektion entfernt, er ist arrogant, gewöhnt, seinen eigenen Willen zu kriegen und sieht Jane anfangs als ihm untergeordnet. Es ist so großartig, wie sie dagegen ankämpft! Sie hat ihn so unter ihrem Pantoffel… Sie sind wirklich perfekt füreinander, die beiden: Beide wissen, was das Richtige ist, nicht nur für andere, sondern auch für sich selbst. Beide sind liebevoll und fürsorglich – sie mehr als er – und komplett ehrlich. Und, wenn sie in Gegenwart des anderen sind, ändern sie relativ abrupt ihre Meinung. Besonders als er ihr einen Antrag macht. Die Szene ist übrigens wirklich süß.

Also, wie man sehen kann, ist die Romanze zwischen den beiden auch ziemlich lustig. Aber Jane und Mr. Rochester sind nicht die einzigen interessanten Charaktere.

Blanche und ihre Familie sind die geborenen Heuchler – genau wie Mr. Brockhurst. Alle werden wunderbar beschrieben. Ich liebe besonders die Beziehung zwischen Blanche und ihrer Mutter. Sie erklärt eine ganze Menge von ihr, wie sie eine solche Person werden konnte und so weiter. Und die Tatsache, dass ihre mutter sie „Engel“ nennt, ist ein Hinweis auf das, was ich anfangs gemeint habe: über das Ideal des „Angel in the House“ und wie es nicht funktioniert – nicht funktionieren kann.

Janes Familie ist auch interessant, wie sie sich verändern. Georgiana ist das Bild eines dummen Mädchens dieser Zeit, nur auf Emotionen fixiert und darauf bedacht, sich selbst immer ins beste Licht zu setzen. Ihre Schwester ist das absolute Gegenteil – aber trotzdem, es ist interessant, wie sie sich dazu entwickelt. Denn anfangs war sie ja gar nicht so religiös. Ihr Bruder und ihre Mutter haben das bekommen, was sie verdient haben.

Auch wenn diese Familie ziemlich reich ist und einen Platz in der High Society hat, sind sie noch lange nicht so liebevoll wie Janes andere Familie. Ihre Schwestern teilen mehr oder weniger dieselbe Persönlichkeit. Aber sie sind auch sehr süße und gute Personen. Aber St. John… er ist nicht mein Typ. Eiskalt. Sein Effekt auf Jane wird sehr gut beschrieben, wirklich.

Adèle ist das perfekte Gegenteil zu ihm, sie ist Sonnenschein. Ich liebe sie, sie ist so süß!

Was Helen und Ms. Temple angeht – sie sind meine Lieblinge. Sie sind die Personifikationen Christlicher Tugenden und C.B.s Weg, zu zeigen, ob und wie das Modell des „Angel in the House“ funktionieren könnte.

Spoiler:

In dem die Eine sich selbst für ihren Ehemann aufgibt und die Andere jung stirbt.

Das bringt mich zum Ende: Das Finale des Buchs ist wirklich, wirklich wunderschön. Ich war so froh darüber, wie das alles aufgelöst wurde – und das Mr. Rochester wirklich das getan hat, was richtig war, obwohl ihn das die Gesundheit gekostet hat, statt das zu tun, was einfach ist. Und es ist süß, wie eifersüchtig er wegen St. John wird.

Das ist eins der wenigen Bücher dieser Zeit, in der eine verbotene Liebe zwischen Klassen funktioniert. Die Ideen selbst – besonders die mit Bertha – waren originell und faszinierend. Die Geschichte selbst ist so spannend, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte – ich habe sogar Schulkram darüber gemacht. Ich habe mich dazu entschieden, eine Facharbeit über einen Vergleich der Beziehungen in Jane Eyre und Irrungen, Wirrungen (On tangled paths) von Fontane zu schreiben. Klingt langweilig, aber es war eigentlich ziemlich interessant. Und echt besser als Mathe. „Beweisen Sie das Das Zeug, Von Dem Sie Noch Nie Gehört Haben und Das, Was Sie Noch Nicht Einmal Richtig Buchstabieren Können, linear zueinander verlaufen, wenn sie in einer Umgebung mit einer Temperatur von XY und einem tanzenden Schlumpf unter den drei vollen Monden von Mittelerde sind. Dann erklären Sie, was das mit Einsteins Haaren zu tun hat.“ - „Ja… Ich kann bis 12 zählen!“

Zurück zum Buch. Wenn ihr euch für die Zeit interessiert und nach einer süßen und ironischen Romanze mit praktischen, moralischen Hauptcharakteren sucht, dann solltet ihr euch mal dieses Buch angucken. Besonders wegen des Humors. Man glaubt es nicht (ich habe es jedenfalls nicht für möglich gehalten), aber Buch so alt wie Staub kann tatsächlich lustig sein.

 

Zusammenfassung:

Ich gebe Sterne für Charaktere, Stil, Ideen, Inhalt und für die Art, in der die sozialen Ideale durch jemanden gezeigt werden, der zwar nicht direkt rebelliert, aber auch nicht nach diesen Idealen Leben will. Das SoGH gibt’s für den Humor.