Black Dagger (7+8) - Menschenkind & Vampirherz von J.R. Ward

25/07/2016 17:11

Nun zum 4. Teil der eher lustigen Serie: Menschenkind & Vampirherz, im Original (2007 veröffentlicht) Lover Revealed (auf Französisch l'Amant révélé). Ich habe es wieder mal auf Deutsch gelesen, mit 329 & 302 Seiten.

Butchs Leben ist ein Disaster. Er lebt in einer Wohnung, die ihm nicht gehört, jemand anders auft ihm Kleider und Essen. Er hat keinen Job – kein Leben. Die Frau seiner Träume will nichts von ihm. Und selbst seine engsten Freunde wollen ihn nicht das tun lassen, was er liebt: Kämpfen. Beschützen. Er ist ein Wrack und... ihr unwürdig. Besonders, nachdem Omega ihn in den Klauen hatte: Das Böse, dass Butch in sich trägt, wird ihn und Marissa töten – wenn er Glück hat.

 

Ich mag Marissa nicht allzu gerne. Sie ist so eine Heuchlerin! Sie hasst ihren Bruder für das, was er ihr angetan hat – und zurecht, ich hätte ihm eine tafeln können, wenn der Mann nicht fiktional wäre (und kein Vamp. Während ich ein Mensch bin. Ich hätte also sowieso nicht gewonnen) – aber sie tut Butch quasi das selbe an! Das passt zwar zu ihrer Persönlichkeit, weil sie das kopiert, was sie als Richtig empfindet, aber das macht es nicht okay.

Und, wegen ihres Verhaltens, ist das Ende blöd.

Spoiler:

Es nicht so, als würde ich mir die beiden als Paar nicht wünschen, aber diese Lösung war... pathetisch. Ich hasse es, dass sie zwar versteht, was sie getan hat, aber es Butch hinterher nicht erklärt. Statt dessen erzählt sie ihm, dass die Mädchen sie überzeugt hätten. Das ist a) nicht wirklich richtig und b) klingt es so, als ob Beth sie in die Hochzeit hineingezwungen hätte. Und Butch und Marissa bekommen vor Zeremonie nicht einmal die Möglichkeit, sich gegenseitig wirklich zu erklären. Das ist so... im Ernst, wer heiratet denn, ohne die ganzen Nachwirkungen eines wirklich heftigen Streits vorher aus dem Weg zu bekommen? Denn das war heftig, sie haben sich ja ziemlich lange geweigert, mit dem jeweils anderen zu reden!

Aber ich muss zugeben, dass ich Marissas Entwicklung wirklich gut finde. Ich mag wie sie sich von der kleinen Ehefrau des zukünftigen Königs in eine Frau verwandelt, die ihr eigenes Schicksal in die Hand nimmt. Und was sie hinter her auf die Beine stellt, dieses Refugium für die Frau und das kleine Mädchen (ich finde es wirklich toll, was sie besonders für die beiden gemacht hat) ist echt wirklich toll. Marissa hat sich von einem kleinen, hilflosen Schmetterling in jemanden verwandelt, der etwas bewegen kann. Ich mag und respektiere sie dafür.

Die verschiedenen Etappen dieser Veränderung waren wirklich gut gemacht. Ihre Panikattacken und wie sie in der Klinik arbeitet, wie sie alles um sie herum vergisst, um sich um Butch zu kümmern, und wie sie sich in eine andere Person verwandelt... eine Person, die klare Grenzen zieht und sich selbst verändert, um ihr Leben zu verbessern. Selbst wenn das heißt, ihre Klamotten zu verbrennen – so drastisch das auch ist, ich verstehe vollkommen, warum sie das gemacht hat. Marissa hat gemerkt, dass sie sich die Leute um sie herum hat kontrollieren und damit auch verletzen lassen, besonders dann, wenn sie versucht hat, ihnen etwas von sich selbst zu geben, damit es ihnen in irgendeiner Form besser geht. Das so eine Symbolik helfen kann, versteht man nur dann erst wirklich, wenn man es selbst mal erlebt hat: Die physischen Veränderungen – besonders beim Äußeren – helfen, wenn eine enge Beziehung (egal welcher Art) irreparabel zerbrochen ist. Es ist ein symbolischer Abschluss und zeigt, dass man in sofern daraus gelernt hat, als dass man nie wieder zulässt, dass einem so etwas nochmal passiert, dass man nicht wieder so ausgenutzt und verletzt werden will. Es braucht Mut, um sich das einzugestehen und dann durch so eine Situation zu kommen. Und ich finde es gut, dass Marissa sich nicht einfach hinsetzt und rum heult, sondern wirklich ganz klar einen Punkt setzt und an der Situation wächst.

Und ich finde es toll, dass sich ihre Persönlichkeit nicht komplett verändert: Sie versucht nicht, ihr Wesen oder ihre Werte zu verändern – weshalb sie sich nach der Verbrennungsaktion ziemlich schuldig fühlt.

Was ich aber blöd fand, ist, dass die Beziehungen der Frauen fast überhaupt nicht beschrieben werden.

Spoiler

Nach Beths Hochzeit hat Wellsie gesagt, dass die Frauen genauso zusammenhalten wie die Männer – aber das ist die erste und einzige Szene in den ersten 5 Büchern, in denen das mal beschrieben wird. Ich fände es wirklich spannend, wer wen mag und wer wem hilft – besonders, wenn die Jungs gemeinsam auf der Jagd sind. Wie sie die Zeit rum kriegen. Sicher, Bella und Mary stehen sich besonders nahe – vermutlich – aber seit Mary Rhage kennen gelernt hat, verbringen die beiden doch keine Zeit miteinander, bis Zsadist sie im dritten Teil quasi zwingt. Und Bella hat sich ja auch durch das, was ihr passiert ist, verändert – was vermutlich einen eher positiven Effekt auf die Freundschaft hat, weil auch sie durch viel durch musste. Aber ich würde gerne wissen, wo Beth in all dem steht. Und was Beth wirklich von Marissa hält – und wie die anderen allgemein mit Marissa klar kommen und umgekehrt. Beth ist zwar sehr dankbar, dass Marissa Wrath gerettet hat und versteht sie, zumindest vermutlich. Aber ich glaube nicht, dass Sympathie und Mitgefühl genug sind, um wirklich zu verstehen, wie sie so... schwach, so feige war, als es um Butch ging. Besonders, weil Beth ihn ja sehr gerne hat. Und was ist mit Mary und Bella? Mary weiß, was Angst ist und wie sie dafür sorgt, dass man Leute von sich fortstößt (beim Letzteren bezweifle ich, dass Bella das genau so gut versteht), also würden sich Mary und Marissa vermutlich näher stehen als Marissa und Zs Shellan. Und die Rassen? Würde das eine Rolle spielen? Wenn ja, stünden sich Mary und Beth vermutlich näher, weil Beth mal menschlich war und Mary de facto noch einer ist. Aber all das sind nur Theorien, ich würde es gerne genauer wissen. Aber blöderweise werden ja die Bindungen zwischen den Frauen meist ignoriert.

Okay, um wieder auf die Protagonisten zurück zu kommen – und darauf, wie sich Marissa verändert. Mir tut Butch voll leid, weil ihre Entwicklung so lange braucht. Nach dem, was Omega ihm angetan hat, hätte er, glaube ich, viel mehr Unterstützung gebraucht. Versteht mich nicht falsch, ihre Drohung/ ihr Versprechen, nicht länger auf jemanden zu warten, egal warum ist a) genau das Richtige für sie, macht b) eine Beziehung zwischen gleichwertigen Individuen überhaupt möglich und c) hilft, seinen emotionalen Ballast mal los zu werden. Aber danach ist es ja nicht so, als ob er sie in einem goldenen Käfig zu ihrem Schutz steckte, sondern dass sie die Entscheidungen für ihn fällt. Und das ist echt nicht in Ordnung! Und zerstört Punkt b) – so ganz nebenbei.

Aber ich finde es toll, wie Butch emotionaler Ballast aussieht. Man erfährt ja schon in Buch 1, was mit Janie passiert ist, aber über den Rest der Familie weiß man ja fast nichts. Jetzt versteht man viel mehr, besonders, wieso er sich in den vorherigen Büchern so verhält, wie er es tut. Ich glaube, dass Butch von Anfang an geplant war, seine ganze Vergangenheit – all diese Hinweise! Wirklich verdammt gut.

Apropos „verdammt gut“: Ich liebe diesen Plot mit Vishious! Dass er sich in Butch verliebt hat und so weiter. Das war auch wirklich wirklich gut geschrieben. Er hat mir so leid getan! Im Ernst, der Arme! Das muss doch echt beschissen sein! Aber ich mag die Balance, wie sein Fluch Butch heilt. Wirklich toll gemacht!

Aber es war so offensichtlich, wer der Zerstörer ist.

Also, wie immer bei den Black Dagger Büchern: Wunderbare Charaktere und Gesellschaft, aber leider ein wenig transparent – auch das mit dem Refugium. Trotzdem ist es spannend – und, wie man merkt, kann man viel darüber reden.

 

Zusammenfassung:

Ich gebe Sterne für die Charaktere (obwohl ich Marissas Verhalten nicht mag, passt es), die Ideen, den Plot und den Stil. Alles in allem, gut gemacht!

 

Vorheriger Teil:

Mondspur & Dunkles Erwachen
 

Nächster Teil:

Seelenjäger & Todesfluch

 

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