Andorra von Max Frisch

11/09/2016 15:01

Nun zu Andorra von Max Frisch (Andorra, Andorra). Ich habe die 116 Seiten auf Deutsch gelesen. 1961 uraufgeführt.

Andris Leben ist nicht gerade einfach. Natürlich muss er dankbar sein, vom Lehrer gerettet und bei ihm aufgenommen worden zu sein und alles. Aber er wurde als Jude geboren und so in den Augen aller bleiben. Es macht keinen Unterschied, ob er besser als andere in etwas ist, er ist Jude – er bekommt keine Arbeit. So einfach ist das. Das einzig Gute an seinem Leben ist Barblin, die Tochter des Lehrers. Gemeinsam groß werdend und sich liebend, haben sie sich geschworen, zu heiraten. Aber eine Heirat zu einem Juden würde schwierig… und Barblins Schönheit zieht andere Männer an, die Andri schaden wollen. Als eine Fremde in die Stadt kommt, werden alte Geheimnisse wieder ausgegraben – aber nicht schnell genug, um die Katastrophe zu verhindern.

 

Das Buch ist cool. Ich mag Andri nicht, aber mir tut Barblin und ihre Mutter leid…

Die Mutter, weil sie alles in ihrer Macht stehende getan hat, um ihre Kinder am Leben zu erhalten. Und Barblin, weil sie Andri wirklich geliebt hat. Sie ist eine gute Person. Nett, prinzipientreu, loyal, mutig… sie hat nichts von dem verdient. Am aller wenigsten, wie Andri sie behandelt. Auch wenn ich verstehe, wieso er es tut… zumindest nach der Szene mit dem Soldaten. Aber vorher, als er sich auf nichts anderes als sein Selbstmitleid konzentrieren konnte? Arme Barblin. Das einzige, was ich nicht verstehe, ist, wieso Barblin Andri nicht erzählt hat, was mit dem Soldaten passiert ist. Sie liebt ihn und er hat ihretwegen gelitten. Egal, was für eine Beziehung die beiden hatten, wie konnte sie ihm so etwas antun, wie konnte sie ihn in dem Schmerz lassen?

Und das mit den Schuhen… das hat mir das Herz gebrochen.

Was den Vater angeht: Er ist echt mies. Wirklich. Er hätte Andri und Barlin spätestens in dem Moment die Wahrheit sagen sollen, als er gemerkt hat, dass sie sich ineinander verliebt haben. Echt, wenn er nicht gelogen hätte, wäre die Geschichte ganz anders ausgegangen.

Was seine Mätresse angeht: Sie hat wirklich nur einen kurzen Auftritt, oder? Ich frage mich, was für eine Art von Person sie ist. Sie scheint ja interessant genug zu sein.

Die anderen Charaktere sind alle irgendwie flach. Alles, was sie tun, ist Juden zu hassen. Abgesehen vom Soldaten – der liebt auch noch Sex.

Aber abgesehen davon waren einige der Mataphern gut gemacht – nicht zu viel, glücklicherweise. Sonst wäre man einfach nicht mehr mitgekommen, wie in Hiob.

Ich mag die Ideen mit den Farben und wie Barblin in der ersten und letzten Szene versucht, die Facade von allem zu reparieren – was genau ihre Rolle im ganzen Stück ist. Sie versucht, die Sachen zu reparieren, aber weil sie nicht das wirklich, echte Problem hinter all dem sehen kann, funktioniert es nicht. Sie kann nur an der Facade arbeiten, was sie die ganze Zeit tut, ohne irgendwas zu erreichen.

Der Pfahl und die Schuld, die er impliziert, sind auch echt gut gemacht.

Aber was ich noch interessanter fand, sind die Mittel, mit denen sie nach Juden suchen. Besonders das mit den Schuhen. So viel zum Thema geschichtliche Bedeutung.

Hier sind seine Schuhe“. Die Szene hat mir schon das Herz gebrochen, bevor ich die historische Bedeutung begriffen habe.

 

Zusammenfassung:

Ich gebe Sterne für Inhalt, Ideen und jeweils einen halben Stern für die Regieanweisungen und die Metaphern.